Die Geschichte des ORV Malente-Eutin dauert inzwischen über ein Jahrhundert an.
Eine Vereinsgeschichte mit vielen Höhen, aber auch vielen Tiefen, mit wunderbaren Erinnerungen und etlichen Niederschlägen, aber immer wieder mit großartigen Pferden und ebenso großartigen Menschen. Ihnen besonders, den Vierbeinern und den vielen Mitgliedern, gilt an dieser Stelle unser besonderer Dank.
Ein Verein kann nicht ein so biblisches Alter erreichen, wenn nicht immer wieder Menschen bereit sind, sich in der Vereinsführung zu engagieren oder als Mitglieder den Verein zu stärken.
Die Gründerjahre
Man sollte annehmen, dass Reitervereine ausschließlich von Personen gegründet werden, die am Reitsport interessiert sind. Dies ist aber keinesfalls die Regel: für die Anfänge des Ostholsteinischen Reitervereins ergibt sich ein völlig anderes Bild. Versetzt man sich in Gedanken an die Anfänge zurück, zeigt sich folgende Situation:
Am 18. Mai 1913 treffen sich im Gasthaus „Zum Prinzenholz" einige Männer zu einer Besprechung mit dem Thema „Kurförderungs-Angelegenheiten". Was ist zu tun, um noch mehr Gäste als bisher für Malente-Gremsmühlen - diese neue Ortsbezeichnung ist gerade acht Jahre alt - zu werben? Ein damals wie heute sehr aktuelles Thema also. „Fremdenzuzug" heißt die Parole!
Es müsste eine Großveranstaltung sein, die sich alljährlich wiederholen lässt. Eine Volksfeier, ein Volksfest, wie in Eutin? Nein, ein Reitervolksfest muss es sein! Aber keineswegs eine Veranstaltung, die den dörflichen Ringreiten gleichzustellen ist. Das Ringstechen, eine rein örtliche Angelegenheit, wurde schon seit Mitte des vorigen Jahrhunderts regelmäßig 14 Tage nach Pfingsten auf dem Marktplatz oder auf einer Koppel abgehalten. Es sollte zwar eine „in altholsteinischem und heimatlichem Sinne gehaltene Veranstaltung" sein, aber wenn schon, dann „großen Stils" und „gutbürgerlich".
Unter den etwa 40 Personen, die an dieser ersten Versammlung teilnahmen, waren gewisslich manche, die nie im Sattel gesessen haben und auch nicht mit Bestimmtheit zu sagen wussten, ob ein Pferd ein Paarhufer oder Unpaarhufer ist. - Aber eine fremdenverkehrsfördernde Großveranstaltung aufzuziehen, das lag ihnen am Herzen.
Was tat man? Man gründete einen Verein. Der Aufruf dazu ist unterzeichnet mit den Namen: P. Otzen, J. Steffen, G. Osmers, J. Zimmermann, Dr. Stiefenroth, L. v. Pein, Otto Piehl, R. Bentfeldt, Paul Remien, H. Schlottmann und Hamann-Kreutzfeld. Georg Osmers, Vierth - er wird ein Freund der Sache genannt - stellte zwei Koppeln für die Reitübungen des geplanten Festes unentgeltlich zur Verfügung. Damit waren die Bedenken bezüglich der Kosten aus dem Weg geräumt.
Aus einigen der eben erwähnten Männer setzte sich auch der erste Vorstand zusammen. Ihnen ist in der von 1913 bis 1931 durchlaufend geführten Bildgeschichte des Vereins eine Ehrenseite gewidmet. Dieses Album zeigt in anschaulicher Weise die Anfänge des Vereins und die Weiterentwicklung.
Die Bemühungen des leitenden Ausschusses waren von Erfolg gekrönt, die erste Veranstaltung am 3. August 1913 wurde gut besucht. Aus einer Anzeige sind die Programmpunkte ersichtlich:
- Ringstechen
- Trabfahren
- Trabrennen
- Galopprennen
- Ponyrennen
- Rennen nur für Ringreiter.
Schon die zweite Veranstaltung am 27. Juli 1914 nahm ein größeres Ausmaß an: Von Lütjenburg wird für die Zuschauer ein Sonderzug eingesetzt! Die Anzahl der Beteiligten, jetzt sind es 60 Reiter, hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Sie ziehen bekleidet mit einheitlichen Jacken, weißen Hosen, blauen Mützen, die Stangen mit Fähnchen in der Rechten, vom Marktplatz durch die mit mächtigen Pforten geschmückte Bahnhofstraße zum Vierth. Vorweg der alte König mit den Adjutanten, die Kurkapelle und ein Wagen mit Ehrenjungfrauen. Die Nachhut bildet eine Anzahl von Landauern mit den Mitgliedern des Vereins. Ortseinwohner und Gäste von außerhalb säumen die Straße. Um 15 Uhr beginnt das Ringstechen an vier Galgen, von 16.30 bis 18 Uhr findet das Rennen statt.
Diese Schilderung erweckt den Eindruck eines friedlichen Tages und doch wird der abendliche Ausklang überschattet von einer politischen Nachricht. Am Vortag haben Österreich/Ungarn und Serbien mobilisiert. Auf den Festbällen bei Krohn, Piel und Kruse wird die Einberufung der Marineangehörigen bekanntgegeben. Dr. Stietenroth, der Leiter des Reiterfestes, und Gemeindevorsteher Otzen sprechen in „vaterländischen Reden" von der drohenden Kriegsgefahr. Damals konnte noch niemand ahnen, dass die dritte Großveranstaltung erst fünf Jahre später abgehalten werden sollte.
Georg Osmers setzte seine Tätigkeit als 1. Vorsitzender fort. Wieder war der Ort geschmückt, als am 20. Juli 1919 auf der Rennbahn beim Bast 80 Reiter zum friedlichen Wettstreit antraten und mehrere tausend Zuschauer herbeiströmten. Zu dem Verein stießen Reiter, die im Krieg ausgebildet und fortgebildet worden waren. Besonderes Interesse erregte an diesem Tag das Trabrennen im Sulky.
Die Vereinsarbeit hatte während der Kriegsjahre nicht völlig geruht. 1916 wurde der Vereinsname „Ostholsteinischer Reiterverein" geprägt.
Mit diesem neuen Namen wuchs der Reiterverein in den Nachkriegsjahren dann kontinuierlich weiter. In den jüngsten Jahren der Vereinsgeschichte rückte dann immer mehr der sportliche Gedanke in den Vordergrund und 1970 gewann die Senioren-Mannschaft auf dem Landesturnier in Bad Segeberg erstmals den Abteilungswettkampf der Reit- und Fahrvereine. Auch in den beiden folgenden Jahren - 1970 sowie 1971 - holte das ORV-Team in Bad Segeberg den Sieg. Erst wieder 1975 sowie 1976 gewann die ORV-Mannschaft in Bad Segeberg den Abteilungswettkampf.
Unvergessen sind Persönlichkeiten wie Bruno Schumacher, Bernd Feddersen, Hans Nittritz, Gerd Huppelsberg, Jakob Sievers oder das heutigen Ehrenmitglied Hermann Krogmann, die viele Jahre lang in führender Funktion im ORV tätig waren. Gerne erinnert sich die ORV-Familie auch an Männer wie Fritz Latendorf und Anton Richtarsky, die unermüdlich für den Reiterverein tätig waren und für ihre Verdienste mit der Ehrenmitgliedschaft geehrt wurden. Unvergessen sind auch die Turnierstandorte auf Gut Rothensande, auf dem Hof Vierth oder am Bökelsberg.
Das neue Turniergelände
Die „neue Zeit" des Ostholsteinischen Reitervereins begann, als der Eutiner Bauunternehmer Hans Nittritz an die Spitze der Vereinsführung kam und - im April 1986 - der heute noch amtierende Vorsitzende Michael Schiele das Heft der Vereinsführung übernahm. Seit dem hat sich innerhalb des Reitervereins Wesentliches verändert. Die wichtigste - auch nach außen hin sichtbare Veränderung: Der neue Turnierplatz an der B 76/Meinsdorfer Weg in Eutin. Nach Fertigstellung der Umgehungsstraße wurde das Gelände, das bis dahin die bauausführende Firma beansprucht hatte, frei. In zähen und langwierigen Verhandlungen mit dem Straßenneubauamt und der Stadt Eutin gelang es der Vereinsführung des ORV, das Gelände von der Stadt langfristig zu pachten. Die Stadt Eutin wies die entsprechende Fläche im neu erstellten Flächennutzungsplan sogar als Sportgelände (Reitsport) aus.
Somit gehörten ab 1992 die Jahre der Vergangenheit an, in denen der ORV hinsichtlich seines Turnierplatzes praktisch „heimatlos" geworden war. Auf dem Gelände des Hofes Vierth von Goerg Osmers war aus betrieblichen Gründen eine Durchführung des Turniers nicht mehr möglich und auch der Reiterpark Max Habel des Pferdesport- und Fördervereins Süseler Baum, wo der ORV wenige Male hin ausgewichen war, erwies sich nicht als ideales Gelände.
Mit dem neuen Turnierplatz an der B 76 in Eutin steht nunmehr aber ein Sportgelände zur Verfügung, das in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich weiter ausgebaut wurde und das mit Sicherheit zu den strukturell besten Reitarenen im Lande zählt: Drei in Sand gelegte Dressurvierecke (40x60), ein großer Springparcours (Rasen) sowie zwei Arbeitsplätze, feste Unterkünfte für Meldestelle, Rechenstelle und Gästebetreuung stehen zur Verfügung. „Wir sind mit dem jetzt erreichten sehr zufrieden", resümierte damals auch der ORV-Vorsitzende Michael Schiele.
Ergebnisse der Jugendarbeit
Auch sportlich ist es in den zurückliegenden Jahren mit den ORV-Reitern ständig bergauf gegangen. Vor allem die konzentrierte Jugendarbeit zeigt ihre positiven Auswirkungen. So gewann die Pony-Abteilung in den Jahren 2001 und 2002 auf dem Landesponyturnier in Bad Segeberg die Landesponystandarte und der Vielseitigkeitsreiter Malte Dohm ist der seit Jahren erfolgreichste ORV-Reiter: Mannschaftseuropameister, Einzelmedaillengwinner, erfolgreich bei den Deutschen Meisterschaften und Mitglied im Perspektivkader des DOKR - eine sportlich äußerst gute Bilanz, die Malte Dohm vorweisen kann. Aber auch andere Reiter wie Ronja Bergmann, Nicola Winkler, Svea Meissner, Marie Kraack oder Annelana Hinz, Frederike Wolf oder Katja Schiele und Florian Auer sind nur einige der erfolgreichsten Reiterinnen und Reiter.
Die gute Jugendarbeit führte schließlich auch dazu, dass der ORV Malente-Eutin im Jahre 2002 mit dem „Grünen Band" der Dresdner Bank und des Deutschen Sport Bundes (DSB) ausgezeichnet wurde. Wünschen wir, dass diese positive Entwicklung des ORV so weiter vorangeht.